Betriebsvereinbarung zum Gehaltssystem

Annette Maier, Betriebsrätin HP Böblingen und Vertrauensfrau der IG Metall

24.09.2012 Annette Maier, Mitglied des Betriebsrates HP Böblingen und Vertrauensfrau der IG Metall, erläutert die Vorteile und Grenzen der neuen, langfristigen Betriebsvereinbarung.

Annette Maier, Betriebsrätin HP Böblingen und Vertrauensfrau der IG Metall

+zukunft@hp+: Der Gesamtbetriebsrat (GBR) hat sich am 03.09.2012 mit der Geschäftsleitung auf eine neue Betriebsvereinbarung zum Gehaltssystem geeinigt. Was wird sich dadurch ändern? Was sind die konkreten Vorteile?

+Annette Maier+: Ja, das war ein langer Prozess. Wir haben fast eineinhalb Jahre verhandelt und zwischendurch mussten wir mit der Einigungsstelle drohen, damit substantiell was passiert ist. Die alte Betriebsvereinbarung war noch vom vorherigen Gesamtbetriebsrat gekündigt worden und wurde danach nie als Ganzes neu verhandelt. Es gab nur jährliche Minimalvereinbarungen über die Verteilung einer Gehaltserhöhung, für die HP dann in 2009 und 2010 obendrein kein Budget bereitstellte.
Dass es eine Gehaltserhöhung gibt, können die Betriebsräte auch mit der neuen Vereinbarung nicht beeinflussen, trotzdem gibt es einige richtig gute Verbesserungen. Der willkürlich vom Manager bestimmte Teil der Gehaltserhöhung ("Manager Discretion") wurde deutlich eingeschränkt. Dafür gibt es jetzt eine leistungsabhängige Komponente, die umso höher ausfällt, je weiter man unter dem Midpoint seines Gehaltsbandes liegt.
Ein weiterer Pluspunkt der Vereinbarung ist, dass es bei einer Beförderung jetzt direkt 5% mehr Gehalt gibt. Und: Niemand darf mehr unter dem Minimum seines Gehaltsbandes liegen. Wegen dieser Regelung sind die Gehälter von ca. 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf das Gehaltsbandsminimum angehoben worden. Ein schöner Erfolg und direkt mehr Geld für die Kolleginnen und Kollegen.

+zukunft@hp+: Wieso konnten diese Fortschritte gerade jetzt errungen werden? HP will nach neuesten Zahlen 29.000 Stellen abbauen. Steht das nicht in einem Widerspruch?

+Annette Maier+: Die Verhandlungen dauern ja schon längere Zeit an. Damals war noch keine Rede von Krise und Stellenabbau. Es war an der Zeit, sich nicht mehr mit temporären Regelungen durchzuhangeln und das ganze Gehaltssystem auf neue Füße zu stellen. Der Betriebsrat hat Kontrollrechte, gerade was die Gleichbehandlung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angeht. Dies wird durch verbesserte Informationspflichten des Arbeitgebers erheblich erleichtert, auch für die Schwerbehindertenvertretungen.

+zukunft@hp+: Bereits Ende Oktober 2011 haben der GBR und die Geschäftsleitung sich auf die Verteilungsregeln für 2012 geeinigt. Warum musste jetzt, noch im selben Geschäftsjahr, eine neue Regelung geschaffen werden? Unterscheiden die beiden Regelungen sich in ihrem juristischen Wesen? Wenn ja, wie?

+Annette Maier+: Wie bereits angedeutet konnten HP und die Betriebsräte sich im Oktober 2011 noch nicht auf eine neue längerfristig gültige Betriebsvereinbarung verständigen. Daher haben wir noch ein letztes Mal eine temporäre Vereinbarung für die Gehaltserhöhung zum 1. Februar 2012 abgeschlossen. In einer sich über mehrere Monate hinziehenden Kampagne hatte der Ausschuss für Gehalt und Boni des Gesamtbetriebsrats, dessen Vorsitzende ich bin, die Betriebsöffentlichkeit immer wieder über den Stand der Verhandlungen informiert. Im Herbst 2011 griffen alle Betriebe das Gehaltsthema auf ihren Betriebsversammlungen auf. Zusätzlich nahm fast ein Viertel der HP-Belegschaft an der Online-Umfrage des Ausschusses Teil, die eine durchschnittliche Gehaltserhöhungsforderung von 5,1% ergab. Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer gab auch noch einen persönlichen Kommentar ab. Viele forderten, den Reallohnverlust zu stoppen und angemessen an der Unternehmensentwicklung und den Unternehmensgewinnen beteiligt zu werden.

+zukunft@hp+: Das hört sich nach einem schönen Erfolg an. Gibt es auch einen Haken bei der neuen Regelung?

+Annette Maier+: Ich hätte gerne noch durchgesetzt, dass eine gewisse Laufbahnentwicklung festgeschrieben wird. Es kann doch nicht sein, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich nach 5 oder sogar 8 Jahren immer noch auf der gleichen Stufe befinden wie bei ihrem Firmeneintritt.
Ebenfalls nicht erreicht haben wir die Verengung der Gehaltsbänder. Von Menschen, die den gleichen Job machen, kann der eine theoretisch fast 100% mehr verdienen als der andere, so gespreizt sind die Bänder. Ein Unding, aber ich glaube, dem kann man nur mit einem Tarifvertrag entgegen wirken.

+zukunft@hp+: Die IG Metall argumentiert immer, ein Tarifvertrag schafft sichere Rahmenbedingungen. Wie siehst du das in Bezug auf diese Vereinbarung?

+Annette Maier+: Als größten Vorteil eines Tarifvertrags sehe ich, dass nicht der Arbeitgeber alleine bestimmt, ob er dieses Jahr gnädiger Weise den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Gehaltserhöhung gönnt, sondern dass diese mitreden.
Aber Tarifverträge gibt es ja nicht nur zum Thema Gehalt. Wichtig fände ich auch, dass die HP-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, denen ein immenses Maß an Flexibilität abverlangt wird, ebenso viel Arbeitsplatzsicherheit gegeben wird. Und wenn HP die Arbeitsplätze partout nicht mehr anbieten will, ihnen die Chance gegeben wird, sich auf andere Arbeitsplätze zu qualifizieren oder über Altersteilzeit geregelt in Rente gehen zu können. Für all das sind Tarifverträge gut.

Letzte Änderung: 01.10.2012